
Die diesbezüglichen Regelungen in der Bauvertragsnorm ÖNORM B2110
Die ÖNORM B2110 wird in vielen Bauwerkverträgen als Vertragsgrundlage vereinbart. Überall dort, wo der Werkvertrag selbst keine gegenteilige Regelung
vorsieht kommen deshalb die ÖNORM-Bestimmungen zur
Anwendung.
Gemäß Punkt 8.4.2 ÖNORM B2110 schließt die Annahme der
Schlusszahlung aufgrund einer Schluss- oder Teilschlussrechnung nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist,
oder binnen 3 Monaten nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Weicht die Schlusszahlung vom Rechnungsbetrag ab, beginnt die dreimonatige Frist mit schriftlicher Bekanntgabe der
nachvollziehbaren Herleitung des Differenzbetrages durch den Auftraggeber. Diese Bestimmung der ÖNORM hat zwei verschiedene Tatbestände im Auge:
Einerseits den Fall, dass der Auftragnehmer – irrtümlich oder bewusst – in die Schlussrechnung nicht alle Forderungen aufgenommen hat bzw. anderseits den Umstand, dass der Auftraggeber vom Schlussrechnungsbetrag Abzüge vornimmt . Nach der Bauvertragsnorm ist in der Schlussrechnung die „Gesamtleistung“ abzurechnen.
Nachträgliche Forderungen sind gesetzlich nicht ausgeschlossen
Allerdings schließt die Bestimmung nachträgliche Forderungen
nicht in allen Fällen aus. So ist es zulässig, einen Vorbehalt in der Rechnung vorzunehmen, wenn bei Legung der Schlussrechnung einzelne Restforderungen noch nicht klar sind. Allerdings fehlen
nähere Bestimmungen in der ÖNORM zu diesem
„Nachrechnungsvorbehalt“. Überwiegend wird die Ansicht
vertreten, dass ein Vorbehalt in
der Schlussrechnung wegen Unklarheit einzelner Restforderungen jedenfalls konkretisiert werden muss.
Der zweite von der angeführten ÖNORM-Regelung erfasste
Tatbestand ist wie bereits erwähnt - jener, dass der Auftraggeber vom Schlussrechnungsbetrag Abzüge vornimmt. Die ÖNORM-Regelung sieht hier eine drastische Verkürzung der Frist für
die Verjährung der Entgeltforderung des Auftragnehmers vor, die nach der gesetzlichen Normallage drei Jahre beträgt. Wurde die
Bauvertragsnorm vereinbart, ist der Auftragnehmer angehalten, innerhalb von drei Monaten ab Erhalt der Zahlung einen schriftlichen Vorbehalt zu erheben. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen und hat entsprechend
konkretisiert zu sein. Die Drei-Monats-Frist
beginnt erst ab schriftlicher Bekanntgabe der nachvollziehbaren Herleitung des Differenzbetrages durch den Auftraggeber. Dies wird spätestens mit Zugang der
nachvollziehbaren Rechnungskorrektur der Fall
sein.
Konkretisierung des „begründeten“ Vorbehalts
Führt allerdings der Auftraggeber ohne Hinweis auf Präklusion
(Einwendungen) mit dem Auftragnehmer Verhandlungen über die Reduktion der Schlussrechnung, kann sich gemäß einer vom
OGH ergangenen Entscheidung der Auftraggeber
nicht auf die ÖNORM Präklusion berufen. Was die Qualität des Vorbehaltes des Auftragnehmers anbelangt, so hat der OGH entschieden, dass die schlichte
Erklärung des
Auftragnehmers, dass er die Rechnungsabstriche beeinsprucht und
die Korrekturen falsch sind, für den „begründeten“ Vorbehalt nicht genügt. Anderes gilt, wenn im Anschluss an den
nicht konkretisierten und
unbegründeten Einspruch ein Gespräch zwischen Auftraggeber und
Auftragnehmer stattfindet, bei dem die Rechnungskorrekturen im einzelnen erörtert werden und der Auftragnehmer eine neue
Rechnung vorlegt, die jene Positionen detailliert
enthält, in denen es zu keiner Einigung zwischen den Vertragsparteien gekommen ist. In diesem Fall ist laut OGH dem Erfordernis des „begründeten“ Einspruchs
Genüge getan.
Zusammenfassend ist zu erwähnen, dass beim Bauunternehmer, sobald in seinem Unternehmen eine Schlussrechnungskorrektur einlangt, die Alarmglocken schrillen müssen.
Korrekterweise ist im Kalender eine
dreimonatige Einspruchsfrist vorzusehen, um nicht allfälliger
vom Auftraggeber heruntergestrichenen Positionen
verlustig zu werden.
Quelle:
A3 Bau, Ausgabe 10-11/2010
Zur Information, Ihre
DI Robert Peterlik GmbH
Kommentar schreiben